September 2024 – Der Tierpark Nordhorn wildert mehr als 1.000 Tiere aus

Klein – aber oho!

Sie sind klein, sie sind schwarz und sie haben 6 Beine – bei der Anzahl ausgewilderter Tiere handelt es sich natürlich nicht um große Säugetiere, sondern um kleine Feldgrillen – für Dr. Dirk Wewers, Kurator Tierpark Nordhorn, wohl die hübscheste Heuschrecke Deutschlands.  Leider ist die Art hier im Nordwesten vom Aussterben bedroht.

„Südlich des Mains kennt vermutlich jeder das Zirpen – den prägnanten Gesang der Männchen. Hier oben ist er so gut wie verschwunden“, so Wewers. „Die flugunfähigen Tiere können Gebiete aus denen sie einmal verschwunden sind, in der Regel nicht selbst wieder erreichen. Das Naturschutzgebiet in Tillenberge scheint ein geeigneter Lebensraum zu sein, doch auch hier fehlt die Feldgrille bislang.“ Dies bestätigt Manuela Monzka von der UNB Grafschaft Bentheim, die hier unlängst eine Lebensraumpotenzialanalyse und Bestandsaufnahme durch die Ökologische Station Grafschaft Bentheim / Emsland (ÖGE) durchführen ließ. Auch diese Studie belegt, dass Tillenberge einen typischen Lebensraum für die Feldgrille bietet – aber keine Tiere vor Ort leben. „Wir wissen nicht, ob die Feldgrille vielleicht früher einmal in Tillenberge vorkam, jedenfalls ist sie nun eine Bereicherung für das Ökosystem Heide und gibt ihr ihren typischen Klang zurück, denn hoffentlich können wir zukünftig an lauen Sommerabenden dem Zirpen der Feldgrille lauschen“, so Manuela Monzka, Leiterin der Abteilung „Naturschutz“ beim Landkreis Grafschaft Bentheim.

Bereits seit 2022 engagiert sich der Nordhorner Zoo für die Wiederansiedlung der Feldgrille. So konnten im benachbarten Münsterland in einem Wiederansiedlungsprojekt bereits Grillen aus dem Tierpark Nordhorn ausgewildert werden. Nun konnte dieses Projekt auch auf niedersächsischer Seite in der Grafschaft Bentheim durchgeführt werden.

Die ersten Zuchtversuche verliefen insbesondere aufgrund des großen Engagements der Tierpark-Mitarbeiterin Anne Linow sehr erfolgreich. So konnten im letzten Jahr schon etwa 1.000 Larven im Naturschutzgebiet Heiliges Meer bei Hopsten angesiedelt werden. Der Zuchterfolg ist mit mehr als 1.000 weiteren Larven in diesem Jahr sogar noch etwas größer. Diese Tiere bilden nun den Grundstock für eine sich zukünftig selbst reproduzierende Population der Feldgrille im Naturschutzgebiet Tillenberge.

Der Tierpark Nordhorn engagiert sich als regionales Arten- und Naturschutzzentrum stark im regionalen Artenschutz. Mit seinen Mitarbeitern und Tieren betreut er rund 170 Hektar schützenswerte Lebensräume wie Hochmoor, Hutewald und Wacholderheiden. „Artenschutz ist für uns als Zoo eine der Kernaufgaben,“ so Zoodirektor Dr. Nils Kramer. „Ob weltweit oder vor der eigenen Haustür setzen wir uns für den Erhalt der Tiere und ihrer Lebensräume ein!“ Die Wacholderheide wird nur dank des Engagements der verschiedenen Partner als Lebensraum erhalten bleiben, denn sie ist nicht nur ein wertvoller Naturraum, sie ist auch Kulturraum und wurde über Jahrhunderte unter anderem durch Schafbeweidung von Mensch und Vieh geschaffen.

Die Feldgrille soll nun in der Wacholderheide eine wertvolle Bereicherung für den Lebensraum darstellen, denn sie dient natürlich auch vielen anderen seltenen Arten wie Eidechsen und Vögeln als Nahrung.

Um die Nachhaltigkeit dieses Ansiedlungsprojektes zu erreichen, werden auch in den kommenden Jahren weiterhin Feldrillen im Tierpark Nordhorn gezüchtet und in Tillenberge ausgebracht. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt durch die UNB-Grafschaft Bentheim und die ÖGE, die die Entwicklung und Ausbreitung der Grillen im neuen Lebensraum Tillenberge genau beobachten werden.

Die Feldgrille

Die Feldgrille (Gryllus campestris) ist eine Heuschrecke aus der Familie der echten Grillen (Gryllidae). Mit etwa zwei Zentimeter Körperlänge und einer rundlichen Körperform erreicht sie eine beachtliche Größe. Die Tiere leben in selbstgegrabenen Röhren und sind flugunfähig. Die Feldgrille ist in Süddeutschland noch relativ häufig. Im Norden ist sie seltener und durch die Intensivierung der Landwirtschaft und die Verinselung der Vorkommen überwiegend auf die verbliebenen großen Heidegebiete wie die Lüneburger Heide, die Senne oder wenige kleinere Heidegebiete nordwestlich bis ins Emsland beschränkt. Ihr sandgeprägter Lebensraum in Nordwestdeutschland ist historisch eng mit der Wanderschäferei verbunden und ist durch Zerschneidung stark fragmentiert. Die Tiere können Gebiete, aus denen sie einmal verschwunden sind, in der Regel nicht selbst wieder erreichen.